Plattform für Ausschreibung und eVergabe

Magazinübersicht Magazin

Strommast Metallstruktur von unten vor Himmel 4. April 2019

Rücksetzung eines Vergabeverfahrens

Ist eine Rücksetzung eines Verfahrens in den Zustand vor Angebotsabgabe bei elektronischen Vergabeverfahren grundsätzlich möglich? Da es für Rücksetzung eines Verfahrens keine eindeutige Rechtsvorschrift – und lediglich Urteile und Fallentscheidungen der Vergabekammern gibt, erfordert dies sensible rechtliche Behandlung.

Gründe für eine Rücksetzung eines Verfahrens können u.A. Formfehler der Vergabestelle oder fehlende Angebote oder nicht angemessene Firsten sein.

Im vorliegenden Fall hat der Bauherr fälschlicherweise bei einem EU Oberschwellenverfahren „schriftliche Angebote“ zugelassen. Es gingen dementsprechend sowohl Angebote welche elektronisch übermittelt wurden, als auch Angebote in schriftlicher Form ein.

Sofern die Submission, respektive die Öffnung des elektronischen Angebotstresors noch nicht erfolgt ist, kann die Vergabestelle die Rücksetzung eines Verfahrens als Firstverlängerung für alle Bieter zur Abgabe ihrer elektronischen Angebote durchführen.

Diese Rücksetzung eines Verfahrens in den Zustand vor Angebotsabgabe ist also nach Ablauf einer bereits abgelaufenen Angebotsfrist im Einzefall möglich, sofern eine Öffnung der Angebote noch nicht erfolgt ist.

Dabei sind alle Bieter förmlich zu benachrichtigen, damit der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter, also auch derjenigen Bieter, welche bereits elektronische Angebote erfolgreich übermittelt haben, berücksichtigt wird. Diese müssen dann im Rahmen Rücksetzung auch in der Lage sein, ihre Angebote zurückzuziehen und erneut innerhalb der neuen Firsten zu übermitteln. Eine geeignete Frist für eine förmliche Rücksetzung sollte nach allgemeinem Tenor mindestens 14 Tage betragen.

Inwieweit eine Rücksetzung eines Verfahrens nachdem die Submission bereits erfolgt ist noch möglich ist, wird im Einzelfall zu prüfen sein. Mehrheitlich wird das Mittel der Rücksetzung im diesem Fall jedoch rechtlich kritisch gesehen, da sich die Bieter im Zweifel in Kentniss der Beteiligten – und je nach Vergaberegime auch der Angebotssummen- zum Einen absprechen könnten und zum Anderen sich hierdurch fast zwangsläufig die Angebotsreihenfolge verschieben wird.

Es stellt sich also die Frage ob – selbst wenn das Einverständnis aller Bieter als vorausgesetzt gilt – nicht besser eine Aufhebung und ein neuerlicher Verfahrensbeginn erfolgen sollte.

aumass eVergabe Geschäftsführer 02.04.2019
Christoph Vockerodt