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Frau und Mann in Anzügen mit Bauhelmen und Plan 15. März 2017

OLG München formuliert richtungsweisende Rechtslage bei der Berechnung von Planungsleistungen

Als erstes deutsches Gericht bestätigt das OLG München das Urteil des EuGH (v. 15.03.2012, Az.: C-574/10), durch das sämtliche Planungsleistungen eines Bauvorhabens für die Bestimmung des Auftragswertes zusammenzurechnen sind.

Die Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 13.03.2017, Verg 15/16) bestätigt diese Auffassung nun deutlich – auch wegen der HOAI. Danach seien sämtliche Planungsleistungen eines Bauvorhabens für die Bestimmung des Auftragswertes zusammenzurechnen. Dies betrifft den Auftragswert aller Leistungsbilder und aller Leistungsphasen für ein Bauvorhaben zur Bemessung der EU-Schwellenwerte von 209.000 € (418.000 € für Sektoren).

Konkret heißt das: In Zukunft müssen alle Planervergaben, etwa die eines Kindergartens oder einer Einfachturnhalle, über rund einer Million Euro netto Bauvolumen europaweit ausgeschrieben werden.
Grob gesagt, ein Vergaberechts-Tsunami. Ein großer Teil der rund 15.000 Kommunen in Deutschland wird sich zukünftig in einer veränderten Vergabelandschaft wiederfinden. Die Anzahl der europaweiten Vergabeverfahren für Planungsleistungen und Fachingenieure wird sich vervielfachen. Die bisherige Vergabepraxis unterhalb der Schwellenwerte wird sich verändern. 80 % der zu vergebenen Planungsaufträge sind europaweit auszuschreiben und der Nachweis hierfür zu dokumentieren.
Dies bedeutet, dass bisherig beauftragte Fachingenieure oder Architekten bereits in fünfstelliger Honorarhöhe dem Europarecht unterliegen werden, sofern die Gesamtbaukosten über ca. einer Million Euro netto liegen.

Hier sind vor allem die kleineren Kommunen die Leidtragenden. Darüber hinaus werden sich auch die kleineren Fachingenieur- und Architektenbüros der neuen Auftragsakquisition über europaweite Ausschreibungsverfahren zu stellen haben.
Die Haltung u.a. der OBB München „vermehrt Generalplanerleistungen zu vergeben“ wird sicher konträr diskutiert werden, damit die Fachlosvergabe und damit die Mittelstandsfreundlichkeit weiter Zukunft hat. Im übrigen ist so davon auszugehen, dass die HOAI weiter in Frage gestellt wird.

Auszug aus der Urteilsbegründung Punkt 1.2.3.1: Verg 15/16 vom 13.03.2017 OLG München:
Art. 16 Abs. 8 der RiLi 2014/25/EU regelt:
„Der geschätzte Gesamtwert aller Lose sei zu berücksichtigen, wenn ein Bauvorhaben oder die vorgesehene Erbringung von Dienstleistungen zu Aufträgen führen könne, die in mehreren Losen vergeben würden. Wenn der kumulierte Wert der Lose den in Art. 15 genannten Schwellenwert übersteige, gelte die Richtlinie für die Vergabe jedes Loses.“

Quelle: VC, aumass GmbH & Co KG.
OLG München Beschluss 13-03-17 Verg 15-16